Kniggebegriff

Der Begriff Knigge

Der Begriff „Knigge“ lässt heutzutage unweigerlich nahezu jeden zusammenzucken. In unseren Köpfen entstehen Assoziationen, die irgendwo zwischen verstaubt, antiquiert, überholt, steif und langweilig verortet sind. Vor unserem inneren Auge erscheinen wahlweise die Großeltern, Eltern oder Lehrer, die uns mit erhobenem Zeigefinger ermahnen aufrecht zu sitzen, geräuschlos zu kauen und beim Niesen die Hand vor den Mund zu halten.

Dem Juristen, Satiriker und Autor Adolph Freiherr Knigge wird man damit allerdings nicht gerecht, lag ihm doch nichts ferner als dogmatischer Formalismus. Wieso er dennoch als Begründer einer gesamten literarischen Gattung gilt, möchte ich Ihnen in diesem und dem nächsten Artikel zusammenfassen. Auch soll mit ein paar Vorurteilen und Unklarheiten aufgeräumt werden.

In diesem ersten Artikel soll das Leben von Knigge skizziert und seine Auffassung von gutem Benehmen beleuchtet werden.
Zudem finden Sie noch weitere bedeutende Autoren dieser literarischen Gattung einschließlich ausländischer und vorchristlicher Vertreter.

Adolph Freiherr von Knigge

Adolph Freiherr von Knigge, geboren 1752 bei Hannover, war Anhänger der Aufklärung, Freimaurer, einige Zeit lang zusammen mit J. W. Goethe und A. Weißhaupt sogar Illuminat und Autor zahlreicher Bücher.

Sein bedeutendstes Werk, erschienen 1788, heißt „Über den Umgang mit Menschen“ und stellt eine sozialpsychologische Studie über damalige Berufsgruppen, Stände und Charaktere dar. Das Buch war schon damals ein großer Erfolg und wurde häufig einfach nur „Knigge“ genannt. Fälschlicherweise wird dieser Name heute als Synonym für Benimmratgeber verwendet. Tatsächlich haben schon damalige Verleger – das Urheberrecht war noch nicht so strikt – jede neue Auflage um Textpassagen, deren Inhalte eben Etiketteregeln waren, erweitert.

Diese soziopsychologische und philosophisch-humanistische Abhandlung Knigges ist ursprünglich also keine – wie häufig postuliert – klassische Benimmfibel. Knigges große Leistung bestand darin, dass er herausragend feinsinnige Beobachtungen machte und daraus soweit abstrahierte Lebensweisheiten formulierte, dass diese auch heute noch ihre Gültigkeit haben.

Knigges Idee guten Benehmens beruht auf seinen scharfsinnigen Beobachtungen und der gekonnten Analyse seiner Mitmenschen. Intelligenterweise beginnt er mit sich selbst: „Vom Umgang mit sich selbst“. Nur wer sich selbst wertschätzt, um seine Begabungen weiß, ständig an sich selbst arbeitet („Strebe nach Vollkommenheit“) und seinen Mitmenschen mit eben jenem Bewusstsein entgegentritt, ist ein Mensch feiner Lebensart. Anschließend widmet er sich Leuten mit verschiedenen Gemütsarten und Temperamenten, dann einzelnen Berufsgruppen, dem Verhältnis zwischen zueinander in Beziehung stehenden Menschen und zu guter Letzt der Art mit Tieren umzugehen, sowie dem Verhältnis zwischen Schriftsteller und Leser.

Seine Definition von Umgangsregeln ist Folgende:

„Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können. – Das heißt: Ein System, dessen Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muss dabei zum Grunde liegen.“ Adolph Freiherr von Knigge

Folglich ist der heutige Trend guter Umgangsformen sehr stark durch Knigge geprägt: Es steht nicht das dogmatische Einhalten kleinlicher Regeln im Vordergrund, sondern Souveränität, Authentizität und Herzensbildung.

Wenn Sie mehr zu den vorgenannten Themen erfahren wollen und Ihre Kenntnisse über Umgangsformen vertiefen wollen, freue ich mich, Sie in einem meiner Seminare begrüßen zu dürfen.